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Dies ist der zweite Teil von Sofies Weihnachtsgeschichte. Falls du den ersten Teil noch nicht gelesen hast, kannst du hier starten:
Die Kekse und der Schal – Teil 1

Eine warme und gemütliche Winterküche, in der eine Frau Kekse in Form von Herzen, Tieren und spaßigen Designs für Kinder backt. Die Küche ist rustikal mit goldenem Licht und einem verschneiten Ausblick.

 

Ein seltsamer Traum

Sofie wachte auf, als die ersten Sonnenstrahlen durch die Vorhänge drangen. Der Schnee draußen glitzerte in der Morgensonne. Sie blinzelte, setzte sich auf und spürte, wie die Bilder der Nacht in ihrem Kopf noch nachhallten. Der Fremde, seine Sense, seine Worte – alles fühlte sich so lebendig an. War das wirklich nur ein Traum?

„Seltsam,“ murmelte sie und stand auf, um ihren Tag zu beginnen.

Das Morgenritual

Nach einer heißen Tasse Tee und einem aufgeräumten Frühstückstisch zog Sofie ihre Schürze an – eine altmodische, handgenähte Schürze mit kleinen, verblassten Blumenmustern, die ihre Liebe zu den einfachen Dingen im Leben widerspiegelte. Die Stofffasern, weich und vertraut, trugen die Wärme vieler vergangener Wintertage. Wie jeden Morgen begann sie, Keksteig zu kneten. Die gleichmäßige Bewegung beruhigte ihre Gedanken und ließ sie für einen Moment alles andere vergessen. Als sie Herzchen, Tiere und kleine Figuren ausstach, lächelte sie. Die kleinen Details der Schürze, abgenutzte Stellen und feine Stickereien, fühlten sich wie eine stille Erinnerung an all die Freude an, die sie durch ihre Backkunst schon verschenkt hatte. Heute wollte sie wieder etwas Besonderes für ihre Nachbarn und Freunde schaffen.

Doch plötzlich klopfte es an der Tür…

Ein alter Freund

Vor der Tür stand Paul, ein Jugendfreund, den sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Er hielt eine kleine, staubige Schachtel in der Hand.

„Paul?“ fragte Sofie erstaunt.

„Sofie,“ begann er, „ich habe etwas, das dir gehört.“
In der Schachtel lag ihre Perlenkette, die vor vielen Jahren gestohlen worden war.

„Das kann doch nicht sein!“ rief sie.

Paul nickte schuldbewusst. „Ich habe sie damals genommen, weil ich dachte, ich brauche das Geld. Aber ich konnte sie nie verkaufen. Die Schuld hat mich all die Jahre verfolgt.“

„Ich danke dir, dass du sie zurückgebracht hast,“ sagte Sofie und legte eine Hand auf seine Schulter. „Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun.“

Der Chemiker

Kurz nachdem Paul gegangen war, klopfte es erneut. Ihr Neffe Felix, den sie jahrelang nicht gesehen hatte, stand vor der Tür.

„Tante Sofie!“ rief er freudig. „Ich wollte mich endlich bedanken.“

„Wofür denn?“ fragte sie.

„Für den Chemie-Baukasten, den du mir als Kind geschenkt hast. Ich bin Chemiker geworden, und mein Team hat ein vielversprechendes Mittel gegen die größte Geisel der Menschheit entwickelt.“

Sofie war sprachlos. „Das ist unglaublich! Ich bin so stolz auf dich!“

„Ohne dich hätte ich diesen Weg vielleicht nie eingeschlagen,“ sagte Felix und umarmte sie herzlich.

Sofie steckte ihm einen Herz-Keks in den Mund und grinste in Pauls verdutztes Gesicht.

Die verschollenen Nachbarn

Als die Kekse fertig waren, kamen plötzlich ihre alten Nachbarn vorbei – Herr und Frau Tetzlaff mit ihren Kindern – Rita, Didi und dem kleinen Günni.

„Sofie,“ sagte Frau Tetzlaff, „wir wollten uns endlich bedanken. Mit deiner Hilfe konnten wir damals unser Geschäft starten. Heute geht es uns so gut, und wir schulden dir alles.“

„Und weißt du,“ begann Herr Tetzlaff zögerlich, während er einen Blick zu seinen Kindern warf, die fröhlich in der Küche spielten, „unsere Kinder sprechen oft davon, wie schön es wäre, eine Oma in der Nähe zu haben. Vielleicht… vielleicht könnten wir ja eine Möglichkeit finden, dass du öfter bei uns bist.“

Er lächelte vorsichtig, als wollte er die Worte abwägen, bevor er weitersprach. „Wir würden uns jedenfalls sehr freuen.“

Sofie war gerührt. „Das klingt wunderbar,“ sagte sie lächelnd, während die Kinder in der Küche lachten und Kekse stibitzten.

Post für Sofie

Am Nachmittag klopfte der Postbote an die Tür und überreichte Sofie einen dicken Stapel Briefe, liebevoll versiegelt und von unterschiedlichster Handschrift geprägt. Manche Umschläge waren schlicht und ordentlich, andere verziert mit kleinen Zeichnungen oder bunten Aufklebern, die von der Sorgfalt und Zuneigung ihrer Absender erzählten. Es war, als hielte Sofie einen Strauß aus Worten und Erinnerungen in den Händen – jeder Brief ein kleines Geschenk, gefüllt mit Geschichten, Dank und Hoffnung.

„Frau Sofie, Sie scheinen eine Menge Freunde zu haben,“ sagte er lächelnd, während er den Stapel auf ihren Tisch legte.

Sofie öffnete die Briefe und las berührende Worte von Menschen, denen sie im Laufe der Jahre geholfen hatte. Dankesschreiben von alten Bekannten, Nachbarn und sogar Fremden füllten ihren Tisch.

„Was haben Sie denn da für eine tolle Sense draußen an der Wand?“ fragte der Postbote plötzlich – „Die muss ja uralt sein!“

Sofie wandte ihren Blick nach draußen, und da war sie – die Sense, genau wie in ihrem Traum, still und unerschütterlich an die Hauswand gelehnt. Ein Schauder lief ihr über den Rücken, als die Erinnerung sie überkam, klarer und lebendiger als zuvor. Sie hatte sie fast vergessen, doch jetzt wirkte alles so real, so bedeutungsvoll. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und ein bittersüßes Lächeln formte sich auf ihren Lippen. In diesem Moment wusste sie: Es war kein einfacher Traum gewesen. Es war eine Botschaft – eine, die ihr Herz tief berührt hatte und die sie nie wieder loslassen würde.

Das Ende eines besonderen Tages

Am Abend saß Sofie in ihrer stillen Stube, das warme Licht der Kerze tanzte an den Wänden. Umgeben von Briefen voller Dankbarkeit und Geschichten der Hoffnung spürte sie eine tiefe Ruhe in ihrem Herzen. Sie blickte zur Sense an der Wand, ihre Gedanken schwer und doch tröstlich. Es war kein gewöhnlicher Tag gewesen – es war ein Wendepunkt. Liebe, dachte sie, ist nicht nur das Einzige, das alles verändern kann. Sie ist das Einzige, das wirklich bleibt. Mit diesem Gedanken schloss sie die Augen, während draußen leise der Schnee fiel.

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